Bernsteinzecke

Ixodes succineus I21 Foto: Jason Dunlop

Die fossile Zecke der Geowissenschaftlichen Sammlung ist im baltischen Bernstein erhalten. Sie ist ein besonders Fossil, gilt sie doch als einzige bekannte erwachsene Zecke im Bernstein und einer der sehr wenigen fossilen Nachweise für diese Tiergruppe in der älteren Erdneuzeit oder in der Kreidezeit. Mit einem Alter von etwa 50 Millionen Jahren gehört diese Zecke zu den geologisch ältesten Fossilien dieser Gruppe. Die Zecke ist in einem ca. 12 x 11 mm großen viereckigen Bernsteinstück eingeschlossen, das auf allen Seiten geschliffen und poliert worden ist. Gefunden wurde das Stück in Königsberg, dem heutigen Kaliningrad. Es stammt aus dem Nachlass des Physiologieprofessors Dr. Weiss, den das Übersee-Museum Bremen vermutlich gegen Mitte des letzten Jahrhunderts aus Kaliningrad ankaufte, und der heute Teil der Geowissenschaftlichen Sammlung ist.

Im Jahr 1964 ist die Bedeutung des einmaligen Stückes erkannt worden, es wurde erstmals wissenschaftlich beschrieben. Damals vermutete man, dass die Bernsteinzecke ein möglicher Vorläufer des Gemeinen Holzbocks Ixodes ricinus sein könnte – der Zeckenart die für Europa typisch ist. Mehr als 50 Jahre später erfolgte dann eine erneute Detailuntersuchung die 2016 veröffentlich wurde. Mit moderner Technik der Röntgentomographie stellt sich heraus, dass der engste lebende Verwandte der Zecke aus dem baltischen Bernstein die asiatische Zecke Ixodes ovatus ist. Sie ist als Krankheitsträger bekannt, dazu gehören Viren, Bakterien und Einzeller. Diese sind jedoch direkt nicht mehr im Bernstein nachweisbar. Indirekt ist es aber möglich zu ermitteln wann die von Zecken übertragenen Erreger wahrscheinlich entstanden sind indem die Methode der molekularen Uhr angewandt wird. Bei einer Gruppe parasitischer Einzeller die nur in Zecken vorkommen, den Piroplasmen und den Rickettsia Bakterien die Fleckfieber oder Kriegspest verursachen, passen die Daten der molekularen Uhr. Die Bernstein-Zecke hatte diese potentiell übertragen können. Der Ursprung der Lyme-Borreliose dürfte aber wohl deutlich jünger als 50 Millionen Jahre sein. Offen bleibt ob die Evolution der Erreger mit denen der krankheitsübertragenden Zecken oder den Vögeln und Säugetieren als Wirtstiere verbunden war.

Ixodes succineus I21 Foto: Jason Dunlop

Bernsteinzecke,  Anatomie und Rezentvergleich
Die Zecken gehören zu den Milben, die wiederum mit anderen Gruppen, wie z.B. den Skorpionen, den Spinnentieren zugeordnet werden. Unter dem Namen Ixodes succineus beschrieb Herbert Weidner (1964) die erste ausgewachsene Zecke im Bernstein in den „Veröffentlichungen aus dem Übersee-Museum in Bremen“ als neue Art, die sich nur in wenigen Details von heute lebenden Verwandten unterscheidet. Heutzutage gibt es weltweit etwa 900 verschiedene Zeckenarten – sowohl diese Zahl auch als die Anzahl fossiler Arten wird jedoch kontrovers diskutiert. Erwachsene Zecken haben stets vier, die Larven nur drei Beinpaare. Das auffälligste Merkmal für die Unterscheidung heutiger Arten der Zeckengattung Ixodes ist das erste Glied (Coxa) des 1. Beinpaares. Die Bernsteinzecke ist dem weit verbreiteten heutigen Holzbock Ixodes ricinus im äußeren Erscheinungsbild, dem Habitus, außerordentlich ähnlich. Lediglich die Coxaldornen (Coxen des 1. Beinpaares) sind breiter und anders geformt. Die große Ähnlichkeit in anatomischen Details lässt auf eine gleiche Lebensweise schließen. Die Mundwerkzeuge der Bernsteinzecke sind, ebenso wie die des Holzbocks, an das Blutsaugen angepasst. Sie lebte sicherlich auch vom Blut kleiner Eidechsen und Säugetiere. Typische Lebensräume aller Zecken sind hohes Gras, lichte Wälder und Büsche, in denen sie auf Blättern und Zweigen sitzen. Die Zeckenlarven klettern nur bis zu 25 cm hoch, die „jugendlichen“ Zeckennymphen bis zu 50 cm und erwachsene Zecken bis auf eine Höhe von 150 cm. Die Zecken klammern sich mit ihren hinteren Beinpaaren fest und warten auf einen Wirt, d.h. ein vorbeikommendes Tier oder einen Menschen. Um auf einen Wirt zu gelangen braucht die Zecke „Körperkontakt“, wenn auch nur für Bruchteile einer Sekunde. In dieser kurzen Zeit gelangt die Zecke auf den Wirt. Sie wird von der Vegetation abgestreift und sucht am Wirt die feuchtwarmen Körperpartien auf. Zecken sind Überträger verschiedener Krankheitserreger, besitzen aber kein Gift.

Literatur:

  • Dunlop, J.A., Apanaskevich, D.A., Lehmann J., Hoffmann, R., Fusseis, F., Ehlke, M., Zachow, S., Xiao, X. (2016): Microtomography of the Baltic amber tick Ixodes succineus reveals affinities with the modern Asian disease vector Ixodes ovatus – BMC Evolutionary Biology 16 : 1-8.
  • Guglielmone, A. A., Robbins, R. G., Apanaskevich, D. A., Petney, T. N., Estrada-Peña. A., Horak. I. G. (2009): Comments on controversial tick (Acari: Ixodida) species names and species described or resurrected from 2003 to 2008. – Experimental and Applied Acarology 48: 311-327.
  • Lehmann, J. (2007): Fossile Zecke im baltischen Bernstein. – Fossilien 24 : 226-228.
  • Weidner, H. (1964): Eine Zecke, Ixodes succineus sp. n., im baltischen Bernstein. – Veröffentlichungen aus dem Übersee-Museum in Bremen 3: 143-151.
  • Weitschat, W. (2004): Zecken im Bernsteinwald – wahre Raritäten. – ImpfDialog 4 : 11-12.
  • Wichard, W. & Weitschat, W. (2004): Im Bernsteinwald – 168 S., Hildesheim (Gebrüder Gerstenberg).