Mollusken des Tertiär

Rapana (Ecphora) quadricostata GSUB G634
Rapana (Ecphora) quadricostata GSUB G634

Das Tertiär ist ein Zeitabschnitt zwischen etwa 65 und 2 Millionen Jahren vor heute. Während dieser Zeit entwickelten sich die Muscheln und Schnecken besonders stark und wurden zur beherrschenden Gruppe der Weichtiere (Mollusken) in den Randmeeren der Kontinentalsockel (Schelfmeere). Auch eine weitere in der Öffentlichkeit weniger bekannte Molluskengruppe, die Kahnfüßer, nahm im Tertiär an Bedeutung zu. Kahnfüßer besitzen Gehäuse, welche dem Stoßzahn eines Elefanten ähneln. Muscheln dagegen haben zwei symmetrische Schalenklappen und Schnecken ein einziges aufgewundenes Gehäuse.

Auch wenn die Arten der Muscheln, Schnecken und Kahnfüßer meist relativ langlebig waren, sind sie besonders im Tertiär als Leitfossilien zu gebrauchen. Leitfossilien sind solche Fossilien, die für bestimmte Schichten typisch sind und mit denen man Schichtenkunde (Stratigraphie) betreiben kann. Von den Mollusken des Tertiär sind besonders die Schnecken aus dem Süß- und Brackwasser, sowie aus dem gut durchlüfteten Flachwasserbereich bis 200 m Tiefe, als Leitfossilien geeignet.

Mollusken sind in der Regel gut erhaltungsfähig, da die Kalkschalen fossil leicht zu überliefernde Hartteile sind. Die Geowissenschaftliche Sammlung besitzt Fossilien von mehreren Tausend tertiärer Mollusken, ein Grossteil davon stammt aus Norddeutschland.

Der Schwerpunkt der tertiären Molluskensammlung liegt auf den Schnecken des jüngeren Tertiär, auch als Neogen bezeichnet, vor etwa 2-24 Millionen Jahren. Aus dem Neogen liegt Fundmaterial aus der ganzen Welt vor, neben der Fundregion Norddeutschland stammt das Material besonders aus Italien.

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Eosephaea muricina GSUB L857
Eosephaea muricina GSUB L857

Im Miozän, vor etwa 5 bis 23 Millionen Jahren, bedeckte die “Urnordsee” Norddeutschland und die angrenzenden Länder und hinterließ meist dunkle Tonsteinablagerungen. Diese Schichten sind sehr reich an Mollusken und kommen in Norddeutschland, den östlichen Niederlanden und dem Süden Dänemarks oberflächennah vor. Die Sammlung enthält Material, welches südlich von Bremen, in der ehemaligen Tongrube Sunder in Twistringen, geborgen wurde. Der Sammlung von der Fundstelle Twistringen kommt eine besonders Bedeutung zu. Die Tongrube ist die Typlokalität der Twistringer Schichten, d.h. ein “Urmeter” der Geologie für diesen Abschnitt der Tertiär-Zeit vor ca. 15 Millionen Jahren. Da sie die Verhältnisse des damaligen nordeuropäischen Meeres nachzeichnet resultiert hieraus der Rang als “klassische Lokalität der Paläontologie”. Dieses ist dokumentiert durch die Aufnahme in den ersten Band von “Klassische Fundstellen der Paläontologie” (Hagemeister 1988).

Cardium turonicum GSUB L334
Cardium turonicum GSUB L334

Eine der wissenschaftlichen Bearbeitungen durch Janssen (1972) zählt 190 Schneckenarten auf, bis zur Schließung der Grube 1992 konnten 70 weitere Arten hinzugefügt werden. Viele Arten sind sogar erstmalig von diesem Fundort beschrieben worden. Aus miozänen Bohrproben in Norddeutschland, die vollständig in der Sammlung vorhanden sind, bearbeitete Dr. E. Kuster-Wendenburg die Pyramidellen, eine Gruppe von Kleinschnecken (Kuster-Wendenburg 1986). Ebenfalls aus dem Miozän stammt Material aus den Tongruben von Gram in Dänemark. Vergleichsmaterial aus den Niederlanden liegen durch Grabungen unter der Leitung von Dr. E. Kuster-Wendenburg in Miste bei Winterswijk, im Jahr 1987, vor. Die Fundstücke aus Italien entstammen dem Pliozän, überwiegend von der Insel Sizilien und aus der weiteren Umgebung von Rom. Sie wurden von Förstner, Kemna und Klipstein gesammelt.
Aus dem Paläogen, und hier besonders dem Eozän Frankreichs, liegen Schnecken und Muscheln von den berühmten Fundpunkten des Pariser Beckens vor. Hier sind unter anderem die Lokalitäten Chauvey, Cuise, Damery, Grignon, Lizy, und Chaumont zu nennen. An diesen Fundorten, die heute klassischen Charakter haben und zum Teil auch kein Material mehr liefern, sammelte unter anderem Klipstein bereits 1896 für die Sammlung.

Literatur

  • Hagemeister, D. (1988). Die Tongrube Twistringen. – In Weidert, W.-K. (Hrsg.): Klassische Fundstellen der Paläontologie I: 162-169. Goldschneck, Korb.
  • Janssen, A. W. (1972): Die Mollusken-Fauna der Twistringer Schichten (Miocän) von Norddeutschland. – Scripta Geologica 10: 1-95.
  • Kuster-Wendenburg, E. (1986): Pyramidellidae (Gastropoda, Mollusca) aus dem Miozän des nordwestdeutschen Tertiärs. – Beiträge zur regionalen Geologie der Erde 18, 370-411; Berlin-Stuttgart.
  • Menzel, H., George, P. & von Fick, C. C. (1984): Untersuchung des Profils der Tongrube Twistringen sw. Bremen (Mittelmiozän; Reinbek-Stufe). – Aufschluss 35: 137-150.
  • Menzel, H. (1997): Die Tongrube der Ziegelei Sunder in Twistringen (Bez. Bremen). – Aufschluss 48: 16-20.
  • — (1997): Die Ziegeleitongrube Sunder in Twistringen – Typuslokalität miozäner Fossilien. – Aufschluss 48: 154-160.